Videoüberwachung eines Grundstücks – Was müssen Nachbarn dulden?
23.07.2019
, Aktualisierung vom
21.01.2021
· Redaktion Fachanwaltsuche
· 164 mal gelesen

- Videokamera Richtung Grundstücksgrenze ist nicht erlaubt
- “Überwachungsdruck“ durch Videokamera muss im Einzelfall geprüft werden
- Videoüberwachung mit Wildcam ist verboten
- Videoüberwachung im Eingangsbereich eines Mietshauses ist unzulässig
Wer mit einer Videokamera seinen Hauseingang oder sein Grundstück überwacht, muss darauf achten, dass weder öffentliche Bereich noch private Nachbargrundstücke von der Videoüberwachung erfasst werden. Ein Nachbar kann allein durch eine installierte Videokamera einem sog. Überwachungsdruck ausgesetzt sein, der ein Entfernen der Kamera nötig macht, entschied das Landgericht Frankenthal.
Videokamera Richtung Grundstücksgrenze ist nicht erlaubt
Sowohl die Kamera, wie auch eine Kameraattrappe, die auf das Grundstück des Nachbarn gerichtet ist, muss entfernt werden, entschied das Landgericht Koblenz (Aktenzeichen 13 S 17/19). Die Videoüberwachung verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Nachbarn, wonach diese selbst entscheiden dürfen, welche Lebenssachverhalte auf ihrem Privatgrundstück veröffentlicht werden. Das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 2 S 195/19) stellt in einer Entscheidung fest, dass eine an einer Hauswand installierte Videokamera das Persönlichkeitsrecht eines Nachbarn verletzen kann. Dafür muss die Kamera nicht auf das Grundstück des Nachbarn gerichtet sein. Alleine das Vorhandensein einer Kamera kann zu einem Überwachungsdruck führen, die für den Nachbarn eine erhebliche Beeinträchtigung bedeutet.“Überwachungsdruck“ durch Videokamera muss im Einzelfall geprüft werden
Ob allein ein sog. „Überwachungsdruck“ durch eine auf dem Nachbargrundstück installierte Videokamera als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ausreicht, muss laut einer Entscheidung des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 213 C 15498/18) im Einzelfall geprüft werden. Bei dieser Prüfung müsse auch berücksichtigt werden, wenn der klagende Nachbar selbst Videokameras auf seinem Grundstück angebracht hat und das Recht in Anspruch nimmt, sein Grundstück und auch den öffentlichen Gehweg mithilfe einer Überwachungskamera filmen und überwachen zu dürfen.Videoüberwachung mit Wildcam ist verboten
Die Videoüberwachung einer Wohnungseigentumsanlage mit einer sog. Wildcam ist unzulässig. Allein die bloße Möglichkeit von einer Überwachungskamera eines Nachbarn aufgezeichnet zu werden, ist im Einzelfall unzumutbar, entschied das Amtsgericht München. Ein benachbarter Wohnungseigentümer hatte auf seinem Balkon eine Überwachungskamera befestigt, mit der er den Gemeinschaftsgarten überwachte. Ein Miteigentümer fühlte sich durch die Kamera beeinträchtigt und bat den Mann seine Kamera wieder abzubauen. Dies tat er auch, brachte aber später eine sog. Wildcam an, ein Kameragerät von Jägern. Hiergegen klagte ein Mieteigentümer, da er auf dem Gemeinschaftseigentum nicht von einer Kamera aufgezeichnet werden will. Zu Recht, entschied das Amtsgericht München (Aktenzeichen 484 C 18186/18 WEG) und verurteilte den Kamera-aufsteller es zu unterlassen die Gemeinschaftsflächen der Wohnungseigentumsanlage mit irgendeinem technischen Gerät, sei es eine Videokamera eine Dash-Cam oder sonst ein Gerät, das Töne und Bilder aufzeichnen kann, zu überwachen. Handelt er diesem Verbot zu wider, droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 Euro oder Ordnungshaft. Wohnungseigentümer dürften möglicherweise ihr Sondereigentum mit einer Kamera überwachen, aber nicht das Gemeinschaftseigentum. Hierdurch würden die Miteigentümer in einem unerträglichen Maß beeinträchtigt. Dafür reiche es schon aus, dass überhaupt eine Kamera installiert sei, ob diese aufnehme oder nicht sei für die Miteigentümern schließlich nicht erkennbar. Zudem gebe es keinen Beschluss der Eigentümerversammlung, die das Anbringen von Überwachungskameras regele.Videoüberwachung im Eingangsbereich eines Mietshauses ist unzulässig
Der Eingangsbereich einer Mietwohnung darf vom Vermieter nicht wochenlang heimlich videoüberwacht werden, um eine unerlaubte Untervermietung nachzuweisen. Dies entschied das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 67 S 369/18). Dem Vermieter hätten hier mildere Mittel, wie etwa eine Scheinanmietung oder die Befragung der Nachbarn, zur Verfügung gestanden, um den Mieter der verbotenen Untervermietung zu überführen.War dieser Beitrag für Sie hilfreich?
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