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BGH setzt EuGH-Urteil um - Lebensversicherern droht Widerspruchswelle

In der Vergangenheit galten Lebensversicherungen als attraktive Geldanlage und als Möglichkeit der Vorsorge für das Alter. Diese Zeiten scheinen vorbei, wenn man einen Blick auf die Entwicklung des Garantiezinses in den letzten 25 Jahren wirft. Dieser ist sukzessive zurückgegangen und befindet sich nunmehr auf einem historischen Tief. Auch die Überschussbeteiligungen lassen nicht zuletzt in einer Niedrigzinsphase zu wünschen übrig.

Sowohl herkömmliche Lebensversicherungen als auch fondsgebundene Verträge erweisen sich demnach häufig nicht als die gute Kapitalanlage, als die sie propagiert wurden. Enttäuschte Kunden spielen daher nicht selten mit dem Gedanken einer vorzeitigen Kündigung. Regelmäßig führt dies jedoch zu Verlusten. Der Europäische Gerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 19.12.2013 den Weg für enttäuschte Versicherungskunden geebnet, sich ohne Verluste von ihren Verträgen zu lösen und ihre Einzahlungen zurückzuerhalten. Diese Entscheidung kann für Inhaber solcher Lebensversicherungen nun bares Geld bedeuten. Der Bundesgerichtshof hat nun mit seiner aktuellen Entscheidung vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11 - dieses lang erwartete EuGH-Urteil zu sog. Policen-modellen bei Lebensversicherungsverträgen umgesetzt. Bei den Policenmodellen handelt es sich um Lebensversicherungsverträge, wel-che der Versicherungsnehmer abschließt und in der Folge die Möglichkeit hat dem Vertragsschluss noch zu widersprechen und sich so von dem Lebensversi-cherungsvertrag wieder zu lösen. Solche Verträge wurden insbesondere in den Jahren 1994 bis 2007 geschlossen. Der Bundesgerichtshof hatte im März 2012 dem EuGH im Wege des sog. Vor-abentscheidungsverfahrens die Rechtsfrage vorgelegt, ob die damals gültige gesetzliche Widerspruchsregelung im deutschen Versicherungsvertragsgesetz mit einer Europäischen Richtlinie vereinbar ist. Der EuGH hatte mit seiner Entscheidung vom 19.12.2013 festgestellt, dass diese deutsche Regelung gegen europäisches Recht verstößt. Denn diese Vorschrift sah vor, dass spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie das Widerspruchsrecht erlischt, selbst wenn der Versicherungskunde nicht oder nicht zutreffend über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden sein sollte. Die Folgen dieser EuGH-Entscheidung sind gravierend und zwar sowohl für Anbieter dieses Policenmodells als auch für Versicherungskunden. Dies zeigt sich nun in der Umsetzung der Entscheidung durch den BGH. Denn der Versicherungskunde hat nun vorbehaltlich der Prüfung jedes Einzelfalls die Möglichkeit sich auch heute noch von einer unter Umständen nicht sehr rentablen Versicherung zu lösen und seine Einzahlungen von dieser zurückzuverlangen, sofern er nicht ordnungsgemäß von der Versicherungsgesellschaft über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden sein sollte. Die in dem EuGH- Gerichtsverfahren beteiligte Lebensversicherungsgesellschaft mutmaßt, dass in Deutschland von dieser Entscheidung 108 Millionen Lebensversicherungsverträge mit einem Prämienvolumen von über 400 Milliarden Euro betroffen sein könnten. Insofern drohen den Lebensversicherungsgesellschaften eine Flut von Widersprüchen sowie eine Rückforderung der gezahlten Prämien durch Versicherungskunden in erheblicher Höhe, die mit der Entwicklung ihrer Verträge unzufrieden sind. Inhaber von Lebensversicherungsverträgen sollten prüfen lassen, ob dieses Urteil auf ihren Versicherungsvertrag Anwendung findet und sie Verluste auf diesem Wege vermeiden können. Dabei ist jeder Fall gesondert zu betrachten und zu entscheiden, ob ein Widerspruch wirtschaftlich sinnvoll ist.



von Rechtsanwalt Siegfried Reulein

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